, Nik Dömer, AZ

Nach Fan-Krawall: Was ist, wenn Präsident Gassmann die Energie ausgeht?

Vor ziemlich genau einem Jahr ereignete sich beim FC Aarau mit dem plötzlichen Abgang von Präsident Philipp Bonorand eine Geschichte, deren Anfänge vergleichbar mit der aktuellen Badener Situation sind. Droht dem FC Baden etwa das gleiche Schicksal? Eine Analyse.

Das Challenge-League-Abenteuer verlangt dem FC Baden alles ab. Und das nicht nur in sportlicher oder wirtschaftlicher Hinsicht. Der Klub muss plötzlich Nebenschauplätze bewältigen, die ihm zuvor im Amateurfussball (meist) erspart blieben. So beispielsweise die jüngsten Verfehlungen, die sich ein paar Badener Fans im Brügglifeld (Rauchtopf- und Böllerwurf) beim Aargauer Derby erlaubten.

Kritik prasselt auf Gassmann ein

Einen familiären Verein wie den FC Baden, der von ehrenamtlicher Arbeit lebt und sich auch mit dem Breitensport identifiziert, treffen solche rufschädigende Geschichten besonders hart. Das Organigramm ist schmal und flach, auf der Geschäftsstelle arbeiten gerade mal drei Leute mit insgesamt 230 Stellenprozent. Will heissen, schlussendlich landet vieles beim Präsidenten Heinz Gassmann auf dem Tisch.

Und Gassmann ist ein Präsident, der mit viel Herzblut bei der Sache ist. Er lebt den FC Baden. So richtig kann er seine Emotionen bei Erfolgen und auch Misserfolgen nie verstecken. Ihm geht es dabei stets um den Klub und es ist ihm es besonders wichtig, dass dieser überall positiv wahrgenommen wird, auch im Westen des Kantons. Trotz aller Derby-Rivalität.

Mit unermüdlicher Arbeit und auch dank gutem Netzwerk hat der Präsident den FC Baden in den letzten Jahren zu sportlichem Glanz verholfen und ihn nebenbei finanziell in ruhige Gewässer geführt. Damit ist nicht nur die Supportervereinigung, sondern auch das Interesse in der Öffentlichkeit unter ihm rasant zu einem Allzeithoch gewachsen.

Doch in dieser Saison prasselte auch Kritik auf Gassmann und den Verein ein. Etwa, dass der FC Baden mit seinen Amateurstrukturen niemals hätte aufsteigen dürfen. Oder dass der Klub zu wenig auf seine Aufstiegshelden gesetzt hat. Auch mit der Transferpolitik waren nicht alle einverstanden. Und nun kommt auch noch dazu, dass sich ein paar wenige Fans eine grobe Verfehlung geleistet haben. Der Böllerwurf in den neutralen Sektor des Brügglifeld ist inakzeptabel und lässt den Präsidenten nicht nur fassungslos, sondern auch etwas ratlos dastehen.

Besonders ärgern wird es ihn, weil er eigentlich einen guten Kontakt zur eigenen Fanszene pflegt. Wenn es Reibereien gibt, sitzt er mit den Leuten an einen Tisch, um Klarheit zu schaffen. Jüngst ist das auch so passiert, nach dem Vorfall beim Heimspiel gegen Stade Nyonnais (zwei Ultras hielten den Spielern auf dem Rasen eine Standpauke).

Paralleln zu einem Vorfall beim FC Aarau

Gebracht hat das Gespräch offensichtlich nicht viel. Und das wird Gassmann beschäftigen. Nicht zuletzt, weil es ihn in dieser äusserst heiklen Phase, in welcher der FC Baden zweigleisig seine sportliche Zukunft planen muss, wichtige Energie kostet.

Vor ziemlich genau einem Jahr ereignete sich eine Geschichte beim FC Aarau, deren Anfänge gewisse Parallelen zur jetzigen Badener Situation aufweisen. Damals trat Philipp Bonorand in einer sportlich unbefriedigenden Phase zurück, weil eine Verfehlung der eigenen Fanszene und die damit verbundenen Reaktionen das Fass zum Überlaufen gebracht haben. Auch Bonorand war als Präsident bekannt, der mit viel Emotionen sein Amt ausübte.

Gassmann ist inzwischen 72 Jahre alt und er blickt auf 13 Jahre Präsidentschaft (mit Unterbruch zwischen 2010-2018) zurück. Es dürfte in Anbetracht seines Alters klar sein, dass er dieses anstrengende und aufreibende Amt nicht mehr ewig ausführen wird. Entsprechend sollte das Badener Umfeld und insbesondere auch die eigene Fanszene nun alles daransetzen, dass Gassmann – der garantiert zu den erfolgreichsten Präsidenten der Vereinshistorie zählt – nicht frühzeitig die Energie ausgeht. Es wäre in der momentanen Situation ein schwerwiegender, fast schon undenkbarer Verlust für den Verein.