, Stefan Wyss, AZ

Die Liga und die Behörden werden tätig: Diese Strafen drohen Aarau und Baden nach den Ausschreitungen vom Samstag

Was am Samstag rund um das Aargauer Derby im und ausserhalb des Stadions Brügglifeld geschah, ist in der Schweiz nicht einzigartig. Aufgrund ähnlicher Fälle kann man abschätzen, was den FC Aarau und den FC Baden nun an Sanktionen erwarten könnte.

Erst war es bloss rosaroter Rauch, dann etwas Feuer und am Ende schon fast so etwas wie ein Flächenbrand. Die paar Chaoten unter den Fans, die am Samstag beim Derby zwischen dem FC Aarau und dem FC Baden im Brügglifeld aus dem Rahmen fielen, trieben nicht nur sich selbst und unbeteiligte Matchbesucher um, sie riefen am Montag auch die Swiss Football League sowie die Kantonspolizei Aargau als Bewilligungsbehörde auf den Plan.

Das alles könnte für die Klubs unschön enden. Weil es wohl Strafen geben wird. Sicher für den FC Baden, unter Umständen auch für den FC Aarau. Zwar verursachten die verwerflichsten Aktionen – wie das Werfen von Böllern in andere Zuschauersektoren – die Fans aus Baden, doch ungeschoren kommt womöglich auch der FCA nicht davon. Weil in erster Linie er als Heimklub im Innern des Stadions für die Organisation und die Sicherheit der Zuschauer verantwortlich war. Eine Sicherheit, die gerade nach dem Schlusspfiff nicht mehr gewährleistet war.

Aber was droht denn nun den beiden Vereinen konkret? Die Swiss Football League (SFL) ist für Sanktionen für die Vorfälle innerhalb des Stadions zuständig. Nicht in jedem Fall von brennender Pyrotechnik leitet ihre Disziplinarkommission jedoch ein Verfahren ein. Das Abbrennen von Fackeln und Petarden etwa ist in den Stadien schon fast alltäglich. Dafür spricht in der Regel der Disziplinarrichter Bussen aus. Sie bleiben im Normalfall im dreistelligen Bereich.

Zürcher Derby 2021 als Präzedenzfall?

Teurer wird es, wenn Böller und (Rauch-)Petarden geworfen werden. Noch härter greift die Liga durch, wenn Petarden in andere Zuschauersektoren fliegen. Wie geschehen am Samstag aus dem Gästesektor. Am Montag konnte die Liga noch keine Angaben machen, ob es ein Verfahren geben wird oder ob lediglich Bussen durch den Disziplinarrichter ausgesprochen werden. Erst wenn der Schiedsrichter-Rapport und die TV-Bilder ausgewertet sind, werde entschieden, welche Behörde zuständig ist, hiess es von Seiten der SFL.

Bezüglich des Werfens von Feuerwerkskörpern in andere Zuschauersektoren ist das Zürcher Derby vom 23. Oktober 2021 zwischen den Grasshoppers und dem FC Zürich im Letzigrund der berühmteste Schweizer Präzedenzfall. Damals verschafften sich eine Handvoll FCZ-Fans Zutritt zur Leichtathletikbahn und warfen Petarden in den Sektor der GC-Fans.

Gewiss, diese Aktion der FCZ-Fans hatte nochmals eine andere Qualität als die Vorkommnisse vom Samstag im Brügglifeld. Parallelen weisen die beiden Fälle trotzdem auf. Damals sprach die SFL-Disziplinarkommission gegen beide Klubs eine Busse von 20'000 Franken aus. Ausserdem wurde der Sektor der FCZ-Fans («Südkurve») für die folgenden zwei Heimderbys des Stadtklubs geschlossen.

Im Gegensatz zu den Grasshoppers könnte der FC Aarau als Heimklub allerdings straffrei davonkommen. Die Badener Fans verliessen nämlich ihren Sektor nicht, um die Böller in den Sektor nebenan zu werfen. Im Normalfall macht die Liga den Heimklub nicht dafür verantwortlich, was die Gästefans in «ihren» Sektor «schmuggeln». Hier greift eine Kausalhaftung, welche nur den Gastklub trifft.

Gesperrter Gästesektor als finanzielle Strafe für Aarau

Und was passiert, wenn die SFL eine Schliessung des Badener Fan-Sektors im Stadion Esp anordnet? Wahrscheinlich wenig, weil diese Massnahme in einem Kleinstadion mit nicht in verschiedene Sektoren unterteilte Stehplätze kaum umsetzbar wäre. Deshalb ist eher damit zu rechnen, dass die SFL bei einem allfälligen, nächsten Derby im Brügglifeld den Gästesektor sperrt. Wodurch dann auch der FC Aarau bestraft wäre. Es fehlten ihm dann die Ticket-Einnahmen von ein paar hundert Gästefans – also ein tiefer fünfstelliger Betrag.

Solches passierte vor zehn Jahren, als nach dem Spiel zwischen Aarau und dem FC Basel Gästefans ausser Kontrolle gerieten, auf den Platz gelangten und sich am Spielfeldrand mit Aarauer Fans prügelten. Die SFL sperrte drauf den Gästesektor im Brügglifeld beim nächsten Gastspiel des FC Basel. Weil die Basler Fans damals ihren Sektor verliessen, brummte die Liga dem FC Aarau zudem eine Busse von 40'000 Franken auf.

Die Strafe eines gesperrten Gästesektors blüht dem FC Aarau aber auch von Seiten der Aargauer Kantonspolizei. Sie ist als Bewilligungsbehörde befugt, unabhängig vom Strafmass der Liga die Bewilligung für eine Veranstaltung zu erteilen oder eben zu verweigern beziehungsweise, wie im vorliegenden Fall, Teile des Stadions zu schliessen.

Die Kantonspolizei teilte auf Anfrage mit, es würden «Massnahmen im Zusammenhang mit Vorfällen vom letzten Samstag geprüft». Mit den Vorfällen ist nicht nur gemeint, was im Stadion geschah, sondern auch ausserhalb mit Attacken auf Polizeikräfte oder mit Sachbeschädigung und Vandalismus beim Bahnhof oder im Wohngebiet rund um das Brügglifeld. Durch die Bewilligungsbehörde gesperrte Sektoren wegen entarteter Fans ausserhalb des Stadions? Das gab es in dieser Saison in der Schweiz schon mehrmals: in Bern, in St. Gallen und in Zürich. Und nun womöglich bald auch im Aargau.