Was passiert, wenn der FC Baden absteigt? Präsident Heinz Gassmann im Interview
Als am 30. Januar das Derby gegen Aarau vor der Rekordkulisse von 5100 Zuschauern im Badener Esp stieg, stand Heinz Gassmann in aller Herrgottsfrühe auf, um das Spiel in Thailand live zu verfolgen. Leider, so erzählt er, funktionierte der Livestream nicht. Badens Präsident musste sich mit dem Liveticker begnügen und später den Absturz seines Klubs ans Tabellenende konstatieren. Trotzdem bleibt der 72-Jährige zuversichtlich und sagt: «Wir werden die nötigen Punkte für den Klassenerhalt noch holen.»
Heinz Gassmann, Sie haben gerade sechs Wochen mit ihrer Frau in Thailand verbracht. Parallel ging beim FC Baden die Rückrunde los. Konnten Sie ihre Ferien überhaupt geniessen?
Der Abstand, die Zeitdifferenz und auch das schöne Wetter haben schon für viel Entspannung gesorgt. Aber es war keine hundertprozentige Auszeit. Ich war in den wichtigen Prozessen involviert, hatte stetigen Kontakt mit meinen Leuten und auch die Spiele habe ich mitverfolgt.
Ernüchtert nicht, weil wir von Beginn an wussten, dass wir gegen den Abstieg spielen werden. Aber ein bisschen Enttäuschung ist nach der letzten Niederlage gegen Schaffhausen schon da.
Unser Ziel ist es, dass wir einen Punkt pro Spiel im Schnitt holen. Deswegen können wir mit 20 Punkten nach 22 Partien nicht zufrieden sein. In den nächsten drei Partien müssen mindestens vier Punkte her.
Natürlich befassen wir uns mit dem Szenario. Wir haben einige Investitionen getätigt und sind leicht über Budget, weil wir den Ligaerhalt schaffen wollen. Dieses Risiko sind wir eingegangen, weil wir wissen, dass wir im Falle eines Abstiegs wohl nicht mehr so schnell zurückkehren werden. Aber wir haben nicht blauäugig gehandelt, der Verein ist weiterhin sehr gesund. Sollte es am Ende nicht reichen, werden wir die Ausgaben zurückfahren und das Budget in der Promotion League anpassen.
Wir haben investiert, was wir riskieren konnten. Gerne hätten wir die Spieler auch schon früher engagiert, aber es war im Sommer-Transferfenster aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich. Nun sind wir sehr glücklich darüber, dass wir sie doch verpflichten konnten.
Wir sind daran, den Plan B auszuarbeiten. Bei den meisten Spielern läuft der Vertrag Ende Saison aus. In den kommenden Tagen werden wir erste Vertragsgespräche aufnehmen. Dabei gehts natürlich auch darum, wer in der Promotion League für uns spielen würde. Fakt ist, dass dies sicherlich nicht alle tun werden. Das war uns aber auch schon von Beginn an klar.
Wir haben es nie als Abenteuer gesehen, sondern als Chance, den FC Baden wieder langfristig in der Challenge League zu etablieren, so wie in den 80er- und 90er-Jahren. Wenn ich sehe, wie gross das Interesse in der Region am Profifussball ist, hat es sich auf jeden Fall gelohnt. Wir haben mit einem Zuschauerschnitt von 1400 gerechnet, nun sind es fast doppelt so viele. Deutlich mehr als zu früheren Zeiten der Nationalliga B. Das zeigt uns auch, dass es im Aargau viel Potenzial für einen Profiklub gibt und wir den richtigen Weg eingeschlagen haben.
Unser Problem ist, dass vor allem mir durch den Doppelaufstieg die Zeit fehlte für die Sponsoren-Akquise. Wir mussten viele Dinge gleichzeitig anpassen und optimieren. Deshalb konnten wir das Potenzial noch gar nicht voll ausschöpfen. Wir haben noch deutlich Luft nach oben.
Davon gehe ich aus. Wir müssen sicherlich auch an unserer Vermarktung arbeiten. Ich bin zuversichtlich, dass wir da noch zulegen und somit auch ein paar grössere Unternehmen für ein Sponsoring begeistern können. Wir sind inzwischen auch breiter auf der Geschäftsstelle aufgestellt.
Ich würde sagen, der Prozess mit der Lizenzierung für die Swiss Football League hat uns sehr eng zusammengeführt. Es brauchte viele Gespräche und Lobbyarbeit bei den Parteien, damit die Entscheidungsträger den Wert unserer Arbeit mit Blick auf die grosse Juniorenabteilung erkannte. Die Stadt Baden unterstützt uns grossartig, dafür sind wir sehr dankbar. Es hätte auch anders ausgehen können, was die Investitionen ins Stadion betreffen.
Durch den Stadionausbau gab es eine Ticketabgabe-Erhöhung von 10 auf 13 Prozent für die nächsten fünf Jahre. Bei einem Abstieg würden die drei Prozent wieder wegfallen. Zudem wurden Beträge für weitere Anpassungen in die Infrastruktur gesprochen. Bei einem Abstieg werden die Investitionen wohl nicht im gleichen Ausmass getätigt.
Wir haben Fortschritte gemacht. Seit Februar haben wir einen Trainer, der sich vollamtlich seiner Aufgabe widmen kann und zumindest bis Sommer nicht mehr an der Schule unterrichten muss. Auf der Geschäftsstelle arbeiten zudem drei Leute mit insgesamt 230 Stellenprozent. Das würden wir im ähnlichen Stil beibehalten, sollten wir absteigen. Mit 650 lizenzierten Spielerinnen und Spielern sowie 70-80 Trainern und Funktionären ist das Aufgabenvolumen neben dem Platz ist sehr gross.
Ich denke, dass drei Millionen Franken bereits reichen würden. Da verfallen wir auch keiner Träumerei. Denn ohne grossen Investor werden wir nie unter den grossen Klubs in dieser Liga mitmischen. Aber das ist auch gar nicht unser Anspruch. Wir können auch mit guten Partnerschaften ein starkes Team zusammenstellen.
Das ist eine berechtigte Frage, doch diese stellt sich im Moment nicht. Wenn der FC Aarau demnächst aufsteigt, würde es vieles vereinfachen, was die Partnerschaft mit Spieleraustausch betrifft. In den letzten Jahren war die Zusammenarbeit ein Gewinn für beide Seiten.
Das soll uns nicht ärgern. Natürlich hören wir viele Dinge über andere Vereine. Aber wir schauen nur auf uns und hoffen, dass am Ende ehrliche Arbeit auch belohnt wird.
Es bringt uns nichts, wenn wir uns mit anderen Vereinen beschäftigen. Ich kann nur sagen, dass wir die Unterstützung der Swiss Football League spüren. Ich denke, wir haben ein gewisses Ansehen, weil man unsere seriöse Arbeit anerkennt und weil wir ein grosses Publikum anziehen.
Definitiv, für uns ist das gar keine Frage. Mike passt mit seinem Charakter sehr gut zum FC Baden. Einen solchen Trainer findet man nicht oft. Und er holt mit seinem Staff das Maximum aus der Mannschaft heraus, davon sind wir überzeugt. Das ist übrigens nicht nur meine Einschätzung, sondern auch die vom meinem erfahrenen sportlichen Berater Stephan Keller, der mit dem Coach fast täglich im Austausch steht.
Die Frage hat sich so für uns gar nie gestellt. Die Mannschaft und die Fans wollten vor einem Jahr den Aufstieg anstreben. Und wir wollten die Akteure auf dem Feld nicht bremsen, also gaben wir die Lizenz ein. Aber ich würde schon sagen, dass es sich auf jeden Fall gelohnt hat. Unsere Rückkehr in eine Profiliga ist auch Werbung für die Region. Jedes zweite Wochenende reisen im Schnitt über 2000 Leute nach Baden ins Esp. Und der FC Baden, wie auch die Stadt und Region, hat jedes Wochenende Fernsehpräsenz. Wir sind stolz, dass wir diesen Beitrag leisten können.
Es ist ein sehr wichtiges Spiel, wir dürfen den Anschluss in der Tabelle nicht verpassen. Aber selbst wenn wir verlieren sollten, werden wir ruhig bleiben. Bisher waren wir nämlich fast allen Gegnern ebenbürtig. Ich habe Vertrauen in die Spieler und das Trainerteam und glaube daran, dass sie sich noch weiterentwickeln können und somit die nötigen Punkte holen werden.