, Pirmin Kramer, AZ

Grosse Kontroverse um Stadionausbau: Finanzierung wird zum Polit-Krimi

Kippt die Stimmung in der Politik zugunsten des Fussballs? Politiker mehrerer Parteien kämpfen dafür, dass die Stadt einen grösseren Teil der Kosten für den Stadionausbau übernimmt. Der FC Baden soll entlastet werden.

Der Aargau im Fussballfieber: 4000 Tickets sind vor dem Derby Baden-Aarau von Sonntag im Vorverkauf ergattert worden. So gross war das Interesse vor einem Baden-Match schon seit Jahren, seit Jahrzehnten nicht mehr, schon gar nicht im Winter.

Noch wichtiger als das Spiel am Sonntag ist für den Verein die Einwohnerratssitzung am Dienstagabend. Dann wird darüber abgestimmt, wie viel der FC Baden an den bereits erfolgten Umbau des Stadions Esp bezahlen muss, das der Stadt Baden gehört. Der Umbau war diesen Sommer nötig geworden, damit Baden die Lizenz für die Challenge League erhielt.

Die Stadt will nun, dass der Verein rund die Hälfte der Kosten für den Stadionausbau übernimmt. Dieser Finanzierungsvorschlag der Stadt ginge dem Club «an die Nieren», sagt Präsident Heinz Gassmann unverblümt. Konkret fordert der Stadtrat vom FC Baden eine Beteiligung von 415’000 Franken – also die Hälfte der Gesamtkosten des Ausbaus nach Abzug eines einmaligen Beitrags des Swisslos-Sportfonds von 120’000 Franken. Der Verein hatte gehofft, nur rund 188’000 Franken bezahlen zu müssen.

Zudem sollen 15 Prozent jedes verkauften Tickets in den kommenden zehn Jahren an die Stadt gehen. Aktuell beläuft sich die Abgabe auf 10 Prozent, der FC schlug als Kompromiss 13 Prozent während fünf Jahren vor.

Die Stadionfinanzierung sorgt bei den Badener Parteien momentan für grosse Kontroversen. So intensiv wie über dieses Traktandum sei schon seit Jahren nicht mehr diskutiert worden, ist zu hören. Unterschiedliche Meinungen gibt es nicht nur zwischen den Parteien, sondern auch innerhalb der einzelnen Fraktionen.

Zwischen den Einwohnerräten laufen derzeit die Drähte heiss. Viele Gespräche führt Simon Binder von der Mitte-Partei (in der auch noch Diskussionen laufen). Er will, dass die Stadt dem Verein entgegenkommt und einen grösseren Teil der Kosten übernimmt, zumindest den Vorschlag des Vereins akzeptiert, der damit der Stadt bereits weit entgegenkomme. Er wird am Dienstag voraussichtlich einen entsprechenden Antrag im Einwohnerrat stellen. Dieser wird von Mitgliedern aus allen Fraktionen unterstützt.

«Das Stadion gehört der Stadt und nicht dem Verein», sagt Binder. Darum sei auch die Stadt in erster Linie dafür verantwortlich, die Infrastruktur zu erhalten und bei Bedarf zu erneuern. Der FC Baden soll sein Geld dafür einsetzen, um den Ligaerhalt zu schaffen. «Es ist niemandem gedient, wenn Baden in einem aufgerüsteten Stadion absteigt.»

Der FC Baden sei für die Stadt sehr wichtig, sagt Binder. «Er lockt viele Menschen ins Stadion, im Schnitt rund 2000 pro Spiel. Das Medieninteresse ist gross, das hat einen Marketingeffekt für die Stadt zur Folge.» Und der Verein mache viel für den Breitensport.

Unterstützung gibt es von der FDP, voraussichtlich fast geschlossen, und der SVP. Serge Demuth (SVP) sagt: «Wir sind einstimmig dafür, dass die Stadt die Kosten für den Stadionausbau alleine trägt.» Natürlich habe man in der Partei gemischte Gefühle. «Wir betonen so oft, dass die Stadt sparen muss, es geht aber nicht an, dass überall mit der grossen Kelle angerührt wird und dann beim Sport geknausert wird.»

Demuth sagt: «Das Esp wurde einst als Stadion für die NLB beziehungsweise die Challenge League gebaut. Die entsprechende Instandhaltung sehen wir als Aufgabe der Stadt.» Der FC Baden soll die Kosten nicht über viele Jahre abstottern müssen. «Das könnte den Verein in Schwierigkeiten bringen, der nach dem zweifachen Aufstieg ohnehin vor grossen Herausforderungen steht.»

Die Grünen schreiben im Fraktionsbericht, dass sie dazu tendieren, den Vorschlag des Stadtrats zu unterstützen, den sie als faire Lösung für beide Seiten bezeichnen. Doch auch innerhalb dieser Partei wird das Stadion kontrovers diskutiert.

Manche finden, die Unterstützung der Stadt gehe zu weit, andere finden, der Verein müsse stärker unterstützt werden, heisst es auf Anfrage. Kritische Stimmen argumentieren, es sei falsch, so viel Geld in einen einzelnen Verein zu investieren. Und es soll, wenn schon, Geld für den Breitensport ausgegeben werden.

Am Dienstag wird auch über zukünftige Investitionen ins Esp abgestimmt. An diesen, so der Vorschlag, wird sich der Verein nicht beteiligen müssen. Zur Debatte steht unter anderem ein Planungskredit von 240’000 Franken für zusätzliche Ausbauten, die für weitere Saisons in der Challenge League notwendig sind.