, Frederic Härri, AZ / Bilder: Foto Wagner

Gnade mit dem kleinen Bruder

Der FC Aarau gewinnt das Auftaktspiel der Saison gegen den FC Baden 1:0, hat mit seinem forschen Kantonsrivalen aber viel Mühe.

Die Fanlager beider Klubs werden es anders sehen, stattdessen die Unterschiede hervorheben, das Anderssein, das Wir gegen die Anderen. Doch Aarau gegen Baden, das ist in vielerlei Hinsicht ein Bruderduell. Und wie das bei Brüdern so üblich ist, ist es der ältere, der dem jüngeren zeigt, wer stärker ist. Und wenn man gestern Abend nur das Resultat im Brügglifeld sah, dann bewahrheitete sich diese Regel auch dieses Mal.

1:0 gewann der FC Aarau in einer Partie, die im Kanton mit unheimlicher Spannung erwartet worden war, jedoch nicht halten konnte, was sie versprach. Dies lag grösstenteils an den Aarauern selbst, die – so würde man vermuten – Gnade walten liessen mit ihrem Kontrahenten. Nur: So ganz taugt das als Argumentation nicht. Denn natürlich hätte der FCA gerne Spektakel geboten, ein, zwei Tore mehr geschossen vor 7539 Zuschauern im fast ausverkauften Stadion – und dem kleinen Bruder damit eine Lektion erteilt.

Hohe Fussballkunst beim einzigen Tor

Tatsächlich liess die Startphase einen solchen Hergang vermuten. Nicht einmal zehn Minuten waren verstrichen, da stand es 1:0 für die Heimmannschaft. Es war ein raffiniertes Kunststück, das die Führung brachte: Nikola Gjorgjev brachte einen Corner von links an den nahen Pfosten, wo Milot Avdyli mit der Hacke in die Mitte verlängerte, Valon Fazliu erst ein Luftloch schlug, im zweiten Versuch aber mit­hilfe des Innenpfostens zum Torerfolg kam. Der Treffer war der Finesse des Mannes zu verdanken, der neuerdings die 10 trägt (statt der 17) und seinem Trainer Alex Frei damit einen beruhigenden Auftakt schenkte.

Ein Albtraum-Szenario war es hingegen für Michael Winsauer. Der Badener Trainer konnte nur ohnmächtig dabei zuschauen, wie sein Team im entscheidenden Moment zu schläfrig agierte. Und exemplarisch zeigte sich hier, dass der FC Aarau eingespielter, vifer war und schlicht mehr Trainings in den Beinen hatte.

Das Gute aus Winsauers Sicht war, dass sich der FCB vom frühen Rückschlag hernach nicht verunsichern liess. Vielmehr war es der FC Aarau, der nach 20 Minuten grosses Glück hatte. Vor dem Strafraum brachte Alek­sandar Cvetkovic Marin Wiskemann zu Fall, und wäre der Ball etwas zentraler auf das Tor gerollt, hätte Cvetkovic wohl die rote Karte gesehen für eine Notbremse. Doch der Aarauer Abwehrchef durfte weitermachen.

Aarau spielte ein gefährliches Spiel, weil es nicht auf den zweiten Treffer drängte. Und Mitte der zweiten Halbzeit hätte sich das beinahe gerächt. Der FC Baden war inzwischen frecher, mutiger geworden, von der anfänglichen Nervosität vollständig befreit. Und gleich zweimal liess Daniele Romano den Gast am Ausgleich schnuppern. Erst schlenzte er den Ball am rechten Toreck vorbei, anschliessend prüfte er Aaraus Torhüter Marvin Hübel mit einem Flatterball aus 18 Metern. Zu mehr als dem kurzen Furioso aus der Distanz waren die Badener jedoch nicht mehr imstande. Das war aber noch immer mehr, als es der FC Aarau vermochte, der offensiv bis kurz vor Spiel­ende (ein geblockter Torschuss von Fazliu) nichts Bleibendes mehr anzubieten hatte.

Es setzte sich hierbei der Eindruck aus der Saisonvorbereitung fort, in der die Mannschaft in den Testspielen nicht nur mit Toren, sondern überhaupt mit Angriffsszenen gegeizt hatte. Die Offensive, nein, die ist noch nicht austariert. Immerhin zeigte sich Regisseur Fazliu bereits in ansprechender Verfassung. Wenn die Aarauer gefährlich wurden, dann hatte er seine feinen Füsse im Spiel.

Und in Baden? Da darf man sich zugutehalten, dass man durchaus in der Lage ist, in dieser Liga mitzuhalten. Der FC Aarau allerdings war in dieser Form auch nicht der ultimative Gradmesser.


Aarau - Baden 1:0 (1:0)

Brügglifeld. – 7539 Zuschauer. – SR: von Mandach. – Tor: 8. Fazliu 1:0.

Aarau: Hübel (Note 4,5); Wetz (4), Cvetkovic (3,5), Kronig, Conus (4); Jäckle (4/80. Schwegler), Njie (4,5); Avdyli (4), Fazliu (5), Gjorgjev (4/64. Toure, 4); Demhasaj (3,5/73. da Silva).

Baden: Spycher (Note 5); Muff (4,5), Franek (5), Isufi (4); Dzonlagic (4, 79. Weilenmann), Cirelli (4,5), Jakovljevic (4,5/86. Hanke), Pasche (4/79. Weber), Romano (4,5); Giampà (4,5), Wiskemann (5/86. Alabi).

Bemerkungen: Aarau ohne Almeida, Candé, Derbaci und Hasani (alle nicht im Aufgebot). Baden ohne Laski (gesperrt), Capone, Pauli, Teichmann (alle verletzt), D’Ovidio, Eraslan, Gökpinar und Schär (alle nicht im Aufgebot). – Verwarnungen: 21. Cvetkovic, 38. Pasche, 49. Muff, 55. Cirelli, 61. Kronig (alle Foulspiel), 69. Demhasaj (Unsportlichkeit), 84. Weber (Foulspiel).