, Nik Dömer, AZ

Analyse zum Rückrundenstart in der Promotion League

Weshalb der FC Baden noch mehr Unterstützung verdient hat

Man kennt das Gefühl beim FC Baden: neues Jahr, neue Aufstiegshoffnungen. Doch diesmal ist es anders. Vergessen sind die alten Tagen, in denen Baden schon fast als Unauf-steigbar galt und sieben Mal in den Aufstiegsspielen der 1. Liga Classic scheiterte. Nein, aufsteigen können sie, die Badener. Das haben sie gegen den FC Paradiso im letzten Sommer bewiesen.

Und nun mischt der FC Baden plötzlich die Promotion League auf. Tatsächlich stehen die Chancen vor dem Auftakt in die zweite Saisonhälfte gut, dass die aktuell drittplatzierten Badener erstmals nach 17 Jahren zurück in die zweithöchste Schweizer Liga aufsteigen können. Dank der Aufstockung der Super League werden in der Challenge League zwei neue Plätze frei. Theoretisch könnte gar ein drittes Team noch aufsteigen, sollte es in der Barrage erfolgreich sein.

Der FC Baden hat während der Hinrunde der Promotion League gezeigt, dass er durchaus eine Bereicherung für die Challenge League sein könnte. In seinem aktuellen Bestehen wäre er im professionellen Fussballgeschäft schon fast ein Unikat. Der FC Baden vertritt familiäre Werte, setzt auf Regionalität, lockt pro Spiel 603 Zuschauer (zweithöchster Schnitt in der Promotion League) an, verfügt über eine ordentliche Infrastruktur und er spielt auch noch attraktiven Offensivfussball. Gerade zu Hause im Stadion Esp sind die Badener eine Macht. Nur zweimal mussten sie dort Punkte abgeben.

Zu erwarten war das in diesem Ausmass nicht. Keiner konnte vor der Saison ahnen, wie sich das praktisch unveränderte Team unter dem neuen Trainer Michael Winsauer – der zuvor lediglich in der regionalen 2. Liga engagiert war – entwickelt. Und auch keiner konnte ahnen, dass der Transfer des FC-Wohlen-Spielers Davide Giampà dermassen zum Glücksgriff wird. Der 29-jährige Stürmer ist inzwischen mit 11 Treffern der gefährlichste Spieler der Liga.

Werte, Qualität und Mentalität sind die drei Zutaten des Badener Erfolgsrezepts. Bis auf wenige Ausnahmen sind alle Spieler im Kader berufstätig. Das grosse Geld mit Fussball macht derweil kein Badener Akteur. Das unterstreicht auch ein Blick auf die Marktwerte bei «Transfermarkt»: Gemäss diesen Schätzungen haben die Ostaargauer den günstigsten Kader der gesamten Promotion League.

Trotzdem spielt der FC Baden erfolgreich, weil das Kollektiv perfekt harmoniert und über die Jahre gereift ist. Der Erfolg ist auch durch Kontinuität entstanden. Aber auch die individuelle Klasse sollte nicht unterschätzt werden. Die meisten Spieler absolvierten einst eine (mehrheitlich beim Team Aargau) ambitionierte fussballerische Ausbildung. Dennoch nimmt sich in Baden keiner zu wichtig, niemand hat Allüren. Vorgelebt wird dies vom umtriebigen Präsidenten Heinz Gassmann, der sich bei keiner Aufgabe zu schade ist, um selbst anzu-packen.

Keine Frage, es gibt viele Faktoren, die aktuell für den FC Baden sprechen. Und es gibt auch noch die Tabellensituation, die für den Verein günstig ist. Aktuell sind in den Top 10 der Promotion League nur wenige Klubs wirkliche Anwärter auf eine Lizenz für die «Swiss Football League». Während sämtliche Nachwuchs-Mannschaften wegfallen, hat auch der SC Cham jüngst kommuniziert, dass er keine beantragen wird. Chiasso hingegen hat sich durch den Konkurs vom Spielbetrieb verabschiedet.

Um es zum Schluss ganz klar auf den Punkt zu bringen: Die Aufstiegschance des FC Baden ist gross, wenn nicht sogar riesig. Die zweite Hälfte der Saison verspricht jede Menge Emotionen, Spannung und Spektakel. Der Verein generiert für Promotion- League-Verhältnisse ein gutes Zuschauer-Interesse, doch in Anbetracht der verlockenden Situation hätte er definitiv noch mehr Unterstützung und Aufmerksamkeit verdient. Es besteht nämlich kein Zweifel, dass dem Fussballkanton Aargau eine zweite Mannschaft auf professioneller Stufe bei den Männern mehr als guttun würde.