, Nik Dömer, AZ

«Es ist eine Resultatkrise, keine echte Krise» – Trainer Colatrella äussert sich zur schwierigen Situation des FC Baden

Der FC Baden steckt in einer schwierigen Phase. Zuletzt kassierte er vier Niederlagen in Serie, wodurch er in der Tabelle auf den drittletzten Platz abgerutscht ist. Warum gab es plötzlich diesen Einbruch? Was ist mit der Offensive los? Und wie steht es um die Moral der Mannschaft? Trainer Genesio Colatrella im Interview.

Genesio Colatrella, zuerst die wichtigste Frage: Wie geht es Fabio Solimando, der beim Heimspiel gegen den FC Rapperswil-Jona zusammengebrochen ist?

Wir wissen noch nicht genau, warum das passiert ist und was ihm genau fehlt. Er wurde von seinem Vater noch während der Pause in den Spital gefahren und musste sich dort abklären lassen. Es geht ihm eigentlich den Umständen entsprechend gut, aber Training ist für ihn momentan kein Thema. Denn das war nicht einfach ein Kreislaufkollaps, es könnte etwas mit dem Herzmuskel sein. Seine Werte werden nun sorgfältig überprüft.

Das Team stand nach dem Vorfall unter Schock.

Definitiv. Es passierte direkt vor unserer Bank. Er ist ohne Fremdeinwirkung zusammengeklappt. Das weckte böse Erinnerungen an den Fall von Christian Eriksen. Zum Glück ist er wieder zu sich gekommen und konnte das Spielfeld selbstständig verlassen. Aber die Spieler waren danach von der Rolle.

Ihre Mannschaft hat nun viermal in Serie verloren. Steckt der FC Baden nun in einer Krise?

Es ist eine Resultatkrise, keine echte Krise. Natürlich würde uns nun ein Befreiungsschlag guttun, aber wir müssen auch akzeptieren, dass wir in einer Findungsphase stecken. Es läuft noch nicht alles nach Plan, das ist normal. Aber es soll auch gesagt sein, dass die Spiele bisher stets sehr eng waren, wir wurden nie vom Platz gefegt. Die Mannschaft funktioniert, aber sie ist noch nicht konstant genug.

Wie lange wird diese Findungsphase noch dauern?

So etwas lässt sich nicht genau vorhersagen. Ich bin mir sicher, die Mannschaft kommt irgendwann ins Rollen. Wir hatten bisher auch Pech mit Verletzungen. Die Winterpause wird uns sicher helfen, weil wir da endlich mal mit der ganzen Mannschaft eine richtige Vorbereitung absolvieren können. Das war im Sommer noch nicht der Fall.

Der Start in die Saison war super, es gab zwei Siege und zwei Remis. Warum hat Ihre Mannschaft danach den Tritt verloren?

Wahrscheinlich war die englische Woche ausschlaggebend, da hatten wir drei Spiele innerhalb von sieben Tagen. Am Ende dieser Woche verloren wir in Brühl gleich mit 0:3. Da wurde uns gnadenlos aufgezeigt, dass uns noch die Routine fehlt. Dazu fehlte auch noch Davide Giampà aufgrund einer Verletzung. Das hat die Spieler vermutlich ins Grübeln gebracht, seither fehlt uns die Leichtigkeit.

Das Badener Team ist nicht nur neu zusammengestellt, sondern hat auch viele junge Leistungsträger. Ist das in dieser mental herausfordernden Situation nicht auch ein Risiko?

Es gibt zwei Seiten. Einerseits sind junge Spieler generell unbekümmert, denn sie haben nichts zu verlieren. Aber andererseits kann Routine auch dabei helfen, dass man nach ein paar Niederlagen nicht die Nerven verliert. Ich möchte aber auch sagen, dass wir mit Giampà, Daniele Romano, Nicola Peter und Albin Sadrijaj schon auch ein paar Routiniers und Leader im Team haben.

Was unternehmen Sie, dass die Mannschaft den Glauben an sich nicht verliert?

Ich kenne solche Situationen und spreche den Spielern oft ins Gewissen. Es ist wichtig, dass wir mutiger werden und die Ruhe bewahren. Ich bin mir sicher, das Team versteht, dass wir in einem Prozess stecken und Geduld haben müssen.

Wie ist die Stimmung in der Mannschaft nach vier Niederlagen in Serie?

An der generell guten Stimmung hat sich nichts geändert. Man muss die Niederlagen auch differenziert betrachten. Gegen Rapperswil und Biel zu verlieren, ist keine Schande. Sie gehören in dieser Liga zu den Favoriten und haben eine hohe individuelle Qualität. Wir sind noch nicht an dem Punkt, an dem wir sie schlagen müssen. Meine Mannschaft kann das schon einordnen, da mache ich mir keine Sorgen.

Und wie war das nach der 0:1-Niederlage gegen die FC Zürich U21, da spielte Ihre Mannschaft sogar noch eine Halbzeit lang in Überzahl?

Das war tatsächlich sehr bitter. Es gibt leider auch Spiele, in denen nichts funktioniert, das gehört zur Entwicklung dazu. Die Mannschaft war nach dem Spiel sicherlich verunsichert. Ich finde aber, dass sie gegen Rapperswil ein anderes Gesicht gezeigt hat, auch wenn es erneut eine Niederlage gab. Die Moral ist intakt, da bin ich mir sicher.

Was macht Sie da so sicher?

Wir unternehmen sehr viel, damit der Teamgeist gefördert wird. Beispielsweise finden regelmässige Teamanlässe statt. Und ich bin auch ein Trainer, der sehr mit seinen Spielern viele Gespräche führt. Ich merke, dass da innerhalb der Mannschaft etwas zusammenwächst.

Neun Tore sind dem FC Baden bisher gelungen, nur drei Teams in der Liga sind harmloser. Woran liegt das?

Es ist schon so, dass wir noch zu wenig Lösungen in der Offensive finden. Mit Giampà waren wir in der Anfangsphase eigentlich ganz gut dabei, aber als er verletzt war, hatten wir Mühe. Es geht dabei nicht nur um seinen guten Abschluss – er kann auch Bälle halten und seinen Mitspielern Räume schaffen. Wenn er mal nicht spielt, müssen wir das System umstellen. Und das hat während seiner Abwesenheit nicht erfolgreich funktioniert.

Wie wird der FC Baden gefährlicher?

Die Lösung klingt simpel: Wir müssen öfters den Abschluss suchen und mehr Spieler in den gegnerischen Strafraum bekommen. Dafür gibt es allerdings zahlreiche taktische Möglichkeiten, entsprechend brauchen wir Zeit und viel Training, damit wir eine gute Offensive formen können.

Gegen Rapperswil waren nur 649 Zuschauer im Stadion. So tief war die Zahl in dieser Saison noch nie. Denken Sie, dass das mit den Resultaten zu tun hat?

Ob das bereits einen Zusammenhang hat, kann ich nicht genau sagen. Aber natürlich kommen mehr Leute, wenn wir gute Resultate liefern. Entsprechend ist es unser Ansporn, dass wir starke Leistungen und packenden Fussball im Stadion Esp zeigen.

Zuletzt gab es nach der Niederlage gegen Rapperswil eine Diskussion mit der Fanszene, was war da los?

Die Fans waren bereits nach der Auswärtsniederlage gegen Zürich frustriert. Und das kann ich verstehen – da haben wir einen emotionslosen Auftritt gezeigt. Dass wir nun erneut verloren haben, war für uns alle bitter. Aber es war kein Zündstoff drin, der Tenor war motivierend. Solche Aussprachen finde ich in Ordnung. Die Fans sind sehr wichtig für uns, sie geben uns Energie auf dem Platz. Wir stecken in einer schwierigen Phase, aber wir werden da gemeinsam mit unseren Fans herauskommen.

Sie sind mit hohen Ansprüchen nach Baden gekommen und wollen den Klub zurück in die Challenge League führen. Aktuell sieht es jedoch danach aus, als ob eine Übergangssaison droht.

Wir dürfen nicht vergessen, woher wir kommen. FC Baden befand sich im freien Fall und ich musste eine komplett neue Mannschaft zusammenstellen. Nebenbei haben wir eine starke Konkurrenz in dieser Liga, es gibt Klubs mit mehr finanziellen Möglichkeiten. Da wäre es naiv zu denken, dass wir nun gleich wieder ganz vorne mitspielen können. Aber klar ist auch, dass die Punkteausbeute aktuell nicht befriedigend ist.

Was stimmt Sie aktuell positiv?

Ich bin mit dem allgemeinen Fortschritt zufrieden. Wir sind in verschiedenen Bereichen vorangekommen, dabei geht es nicht nur um die sportliche Entwicklung der 1. Mannschaft, sondern auch um die Professionalisierung des Vereins. Beispielsweise können wir seit September einmal wöchentlich ein Morgentraining anbieten. Das wollen wir noch weiter ausbauen, denn das wird uns nachhaltig zugutekommen.

Sie haben als Trainer und Sportchef anstrengende Wochen hinter sich. Trotzdem gab es auch vereinzelt auch ein paar kritische Stimmen. Sind immer noch topmotiviert?

Die Leute um mich herum begreifen, was ich alles leiste. Da spüre ich auch viel Wertschätzung. Und die Spieler ziehen mit, das motiviert mich. Aber mir ist auch klar, dass die meisten Zuschauer und Fans im Stadion am Ende den FC Baden einfach gewinnen sehen wollen. Und wenn es mal nicht läuft, dann gibt es Kritik. So funktioniert das Geschäft. Ich bin schon lange dabei und kenne die Mechanismen, entsprechend belastet mich das nicht.